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Zwischen Mystik , Geldgier und frechen Frauen

1. Literatur-Nachmittag in Büsumer Deichhausen

Büsumer Deichhausen. Letzten Freitag wurde erstmalig ein Literatur-Nachmittag im Strandhaus geboten – mit vollem Erfolg.

Von Karin Funke (kf)

Das sechseckige Strandhaus bietet einen traumhaften Rundumblick zum Meer. „Viel zu schade, um so oft leer zu stehen“, findet Thomas Vogel, der zum Bade-Verein der Gemeinde gehört und die Literaturlesung veranstaltete. Der Einladung, kostenlos aktueller Literatur von verschiedenen Autoren der Region zu lauschen, waren für den Veranstalter „überraschend“ über 70 Einheimische und Gäste gefolgt.

Gleich mit der ersten Kurzgeschichte zog Heidrun Biallowons aus St. Michaelisdonn die Zuhörer in ihren Bann. In der „Meerjungfrau“ in einem Stadtpark soll viel Geld stecken, aus einem Diebstahl, der Jahrzehnte zuvor von einem inzwischen alten Mann im Rollstuhl gestohlen worden war. Als der Taxifahrer sich überreden lässt, das Geld zu holen – wobei er durch einen kalten See schwimmen muss, um an die Meerjungfrau zu gelangen – ertrinkt er; und der zuschauende Rollstuhlfahrer erfriert derweil. Geldgier kann tödlich enden, so die Moral. Auch bei Marion Galinowski aus Quickborn („nicht aus Quickborn bei Hamburg, sondern bei Burg“) handelt es sich um einen Krimi, aus Dithmarschen, bei der die Männer genauso schlecht wegkommen wie in dem Hotel-Erlebnis von Ingrid Metz-Neun: Hier folgt die Frau einer „Einladung“ ihres geliebten Freundes in die schicksten Häuser zwischen Sylt und Garmisch, um am Ende alles allein bezahlen zu müssen. Aber bei Liebe setzt eben der Verstand aus.

Die meisten der 7 Autoren dieses Nachmittags spickten ihre Kurzgeschichten mit Humor. Das gelingt mal sehr gut, mal weniger, und kommt beim Publikum gut an. Susanne Bienwald aus Hamburg schreibt aus der Sicht ihrer Hündin „Mina“. Die beklagt, dass die kreativen Schreibräume mit PC-Bildschirmen der Gegenwart furchtbar langweilig seien gegenüber der früher klackenden Schreibmaschine , bis sie sich entschließt, selbst ein Buch zu schreiben: einen Ratgeber für Menschen. Auch der ermittelnde „Helge Stur“, der dem Kommissar Hansen aus Husum bei der Aufklärung von Straftaten hilft - eine Erfindung des Autors Kurt Geisler - , darf nicht wirklich ernst genommen werden: Stur meint, er habe schon 50 Flüge nach Helgoland absolviert. Wie sich herausstellt, lediglich im Flugsimulator. Bei den dichten Nebelbänken zwischen Büsum und Helgoland wird auch ihm recht mulmig, als es am „Terminal 1“ des Büsumer Flugplatzes ernst wird. Leider las der Autor aus Kiel recht undeutlich und schnell, aber das Publikum lauschte still und aufmerksam, bis der Veranstalter ungeduldig mit einem Glöckchen die Pause anmahnte.

Literaur am Meer, in einer schönen Lichtstimmung mit leuchtendem Weihnachtsbaum und Teelichtern, mit selbst gebackenem preiswerten Kuchen, Tee und Kaffee – das Konzept ging auf. Keiner der 70 verließ das Strandhaus während der Pause. Zwischen den Lesungen brachte Birgit Bahr aus Deichhausen alte Musik auf verschiedenen Holzblasinstrumenten, der Schalmei und Flöten, wunderbar gekonnt zu Gehör.

Zum Abschluss gab Heiko Thomsen aus Hamburg Einblicke in das Leben des Heimatdichters Klaus Groth. Anlässlich seines (am 24. April 2019) bevorstehenden 100. Geburtstags ließ er den alten Dichter inkognito als Claas Kleen wieder aufleben und als Hundertjährigen durch Heide und Tellingstedt laufen, gespickt mit plattdeutschen Ausdrücken. Mit Zitaten aus „Min Jungs“ bei einem „Mond wie een Mehlbüddel“ klang der Nachmittag aus, da war es dreußen schon dunkel. Ab Mai sollen die Lesungen in regelmäßiger Abfolge fortgesetzt werden. Dann wird der Veranstalter Thomas Vogel vielleicht nicht mehr so überrascht sein, dass gelesene Literatur so viel Anklang findet.

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