
Verband der Schriftsteller in Schleswig-Holstein
Text der Woche
Notquatier
von
Martin Roemer
Mariupol
Wie mach ich euch mit ihr bekannt?
Ihr hohes Wimmern bohrt sich mir ins
Mark, durchtrennt, was mir den Tag
zusammenhielt. Ihr Mann verbrannt im
Feuersturm des Heims. Von ihrem Leben
blieb nur: Klage sein. Und kein Sirenenton
umfasst, wie dieser Klage Hölle heult.
Was zieht es mich auf diesen Hof, wo
ausgeglüht der Häuserscheiben Mal der
Baumskelette Feld umsteht, auf dem kein
Dämon eine Todesliste führt? Kennst du
das Land, wo Elefanten steh‘n um ihres
Kameraden Grab? Da will ich hin, wo
Zeit der Kreatur für ihre Trauer bleibt. Ich
bring ihr Asche hin aus meinem Traum,
dass sie drauf schlafen mag, und bett‘ sie
weich auf Mark, das sie mir ausgehöhlt, eh
sie den Erdenkern erreicht. Ich schlaf im
Vorhof, drinnen sie. Mein schwarzgeflammtes
Herz, gen Morgen fror das Blut mir zu,
heul sie mir, Wind, zurück!