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NACHGEFRAGT: AUTORENSICHT - Reimer Boy Eilers


Moin!

Schön, dass Sie dabei sind und sich den Fragen stellen.

Damit die Leser wissen, mit wem sie es zu tun bekommen, stellen Sie sich in 3 Sätzen bitte vor:

-Moin! Ich lebe und arbeite als freiberuflicher Autor in Hamburg. Ganz wichtig für mich und mein Schreiben ist es aber, dass ich von Helgoland stamme und bis heute meine intensiven Verbindungen zur Insel habe. Mein Großvater war Leuchtturmwärter und mein Onkel Hummerfischer und Haifischer. Viele Leute glauben gar nicht, dass es Haie in der Nordsee gibt. Erst in diesem Jahr habe ich einen Wochenschau-Beitrag von 1961, entdeckt, der eine Angelfahrt mit meinem Onkel zum Thema hatte. Toll.

Und nun geht es auch schon mit dem Kurzinterview los!

1) Wann haben Sie zum ersten Mal realisiert, dass Sie Schriftsteller werden wollten?

Ich glaube, das wollte ich schon immer werden. Ich habe es mir aber nicht gestattet. Dafür habe ich etwas Typisches studiert, wenn man aus einem bildungsfernen Milieu stammt: Wirtschaftswissenschaften. Das habe ich brav und mit Erfolg durchgezogen, habe an der Uni gearbeitet und promoviert. Danach habe ich plötzlich gemerkt, das füllt mich nicht aus. Wie es der Zufall – der ja keiner ist – so will, fiel mir ein Playboy-Heft in die Hände, in dem ein Schreibwettbewerb angekündigt wurde. Das war nicht so schräge, wie es sich heute anhört. Damals, in den 80er Jahren gab es in jeder Ausgabe des Playboy gute Stories von renommierten Autor*innen. Ich setzte mich hin, schrieb einen Wettbewerbsbeitrag – und seitdem habe ich nie wieder damit aufgehört (mit den Wettbewerben schon, mit dem Anderen nicht).

2) Was sind die wichtigsten Punkte, die ein gutes Geschichtenerzählen ausmachen?

Wenn ich sage: Handwerk, ist das nicht überraschend. Die Hälfte ist Handwerk, die andere Hälfte Fantasie und gute Laune. Eher erstaunlich ist vielleicht, dass jedermann (und frau) ganz einfach feststellen kann, ob ein Text handwerklich gut gearbeitet ist. Wenn Sie einen Text lesen und nicht stocken und am Ende denken, ja, klar, so muss das formuliert werden, hätte fast von mir sein können, dann ist der Text gut. Soweit zum Ob, das Wie steht auf einem anderen Blatt. Eine Geschichte braucht einen Spannungsbogen und runde Charaktere. Früher habe ich viele Schreibwerkstätten geleitet. Es gibt ein paar wunderbare Leitlinien: Handlung schafft Charakter. Charakter schafft Konflikt. Wie der Konflikt sich entwickelt und ausgeht, das ist dann die Geschichte. Die oberste Maxime: Literatur soll unterhalten. Meistens lernt man auch noch was dazu, ist doch gut.

3) Was ist Ihnen als Autor wichtig, mit Ihren Geschichten als Prosa-Autor/als Lyriker auszudrücken?

Ich bin kein ausgesprochener Unterhaltungsschriftsteller, aber, wie gesagt, Literatur wird in der Freizeit gelesen und soll in erster Linie unterhalten. Fakten müssen stimmen oder zumindest glaubwürdig sein. In einer Jury las ich mal eine Geschichte, in der ein Protagonist am Atomkraftwerk von Wedel vorbeikam. Dort steht aber ein Kohlekraftwerk. Solche Schnitzer ziehen die Glaubwürdigkeit einer Geschichte sofort herunter. Falls das Kraftwerk nicht wichtig ist, hat ein gutes Lektorat die Aufgabe, so etwas auszumerzen. Ich arbeite schon länger an einem Roman über die erste Weltumsegelung. Dafür muss ich unendlich viel recherchieren und dann in meine Geschichte ohne Belehrung und Rechthaberei einbringen. Als Letztes möchte ich noch einen starken Spannungsbogen erwähnen.

4) Was würden Sie tun, wenn Ihr Protagonist/Ihre Protagonistin Sie plötzlich besuchen kommt?

Ich glaube, total überrascht wäre ich nicht. Morgens im Bett, im Tagtraum, kommen meine Gestalten häufiger vorbei. Mein Held in dem Magellan-Roman ist ein junger Seemann, naiv, aber stark und gut gesinnt. Nachdem ich nun schon jahrelang über ihn forsche und schreibe, bin ich im Innern völlig überzeugt, das Pay Edel leibhaftig an Bord der Magellanschen Karavellen gewesen ist. Wenn er vorbei käme, würde ich mit ihm Labskaus essen. Dann schreibe ich auch Krimis, und in meinem letzten, noch nicht veröffentlichten, lernt der Detektiv eine kluge, hübsche ältere Frau vom Kiez kennen, die ihr Handwerk so gut versteht, wie ich hoffentlich meines. Also, Maddie, komm vorbei. Aber was wir dann anstellen, wird hier nicht verraten, ätsch.

5) Die ‚Sunday Times‘ hatte 1000 Menschen gefragt, welchen Beruf sie als nicht-notwendig erachten, die während der Corona-Krise unterstützt werden sollten. Dabei landete „Künstler“ auf Platz 1.

Wie denken Sie darüber?

Die Leute sind durch die Pandemie erschrocken, in Panik, haben Angst. Da ist das Urteilsvermögen getrübt. Jeder ist sich erstmal selbst und seinem Job und seinem Frisör der Nächste. Man sollte die Leute nicht verurteilen. Ich bin überzeugt, dass ein gesundes Urteilsvermögen bei den Meisten zurückkehren wird. Zweitens wird es auch in England dieses Bild vom Spitzwegschen Poeten in den Köpfen geben. Autoren schreiben große Werke, auch und gerade, wenn sie arm sind. Bullshit!, klar. Aber welcher Normalverdiener kann sich schon in das Leben eines Künstlers hineinversetzen? Es ist doch gerade umgekehrt unser Job, dass wir uns in fremde Existenzen imaginieren.

6) Schreiben Sie bereits an einem neuen Buch? Wenn ja, können Sie uns schon etwas darüber verraten?

Ein neues Buch ist gut, ich schreibe an zwei Krimis und dem genannten historischen Roman über Magellans Weltreise. Außerdem an einer Sammlung von Gedichten über die Nordsee (einschließlich Küste, einschließlich einiger vorwitziger Vergleiche von Hamburg und Helgoland). Im Krimi habe ich einen Privaten Ermittler, Yakub Edel Singer, gen. YES, der sein Revier auf dem Hamburger Kiez hat. Neuerdings ist eine Private Ermittlerin hinzugekommen, Sabine Heim, die von St. Georg aus operiert, dem Hamburger Bahnhofsviertel. In ihrem ersten Fall verliebt sie sich in ihre Klientin. Finde ich gerade ziemlich spannend …

7) Viele Leser möchten gern mit ihren Lieblingsautoren in Kontakt treten. Gibt es bei Ihnen dazu eine Möglichkeit? Haben Sie eine eigene Internet- oder Facebookseite?

Ja, sicherlich. Ich habe eine Autoren-Webseite und eine öffentliche Facebookseite unter Reimer Eilers.

Ansonsten gibt es über meinen Hausverlag Kulturmaschinen Kontaktmöglichkeiten, auch Infos, Literaturvideos von mir etc.

www.kulturmaschinen.com

Wir vom Verband der Schriftsteller in Schleswig-Holstein e.V. bedanken uns für die Zeit, die Sie sich für die Beantwortung unserer Fragen genommen haben und wünschen Ihnen bei Ihrem kreativen Schaffen weiterhin viel Erfolg!

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